Reihe LiteraturWissenschaft
Die Simpsons als Kunst
Wie eine Fernsehserie Literatur wird. Tafelsprüche als Textsorte.
Gattungs-/Textsortenbestimmung der sog. Tafelsprüche in der Eingangssequenz der TV-Serie „Die Simpsons“.
Der Text begründet und erarbeitet erstmalig anhand einer Klassifizierung der verschiedenen Ebenen der paratextuellen Eingangssequenzen eine neue Textsorte – die der
Tafelsprüche in der Serie „Die Simpsons“.
Die neue Gattung wird mit anderen, bereits bekannten Textsorten wie Spruch, Motto oder Film-Intros verglichen und die Verflechtung der multimedialen Texte – zwischen
Tafeltext, Tafelgag und in die Geschichte eingebaute Sprüche - aufgezeigt.
Der Spaß an den teils witzigen, teils absurd-geistreichen Sprüchen kommt dabei nicht zu kurz.
Zuletzt wird ein Ausblick gegeben auf potentielle weitere Vertreter dieser Textsorte.
ISBN 978-3-8423-1246-3 , Paperback, 184 Seiten
€ 29 95
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Tafelsprüche als Textsorte
Tafelspruch als Textsorte
Tafelspruch als neue Gattung
Tafelsprüche als Gattung
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Auszug
Einleitung
Computerspiele als Kunstform,[1] TV-Serien als ‚moderne Epen’[2], Kunstpreise für Werbefilmchen,[3] Massenaufläufe, sog. Flashmobs als performance art – die Bestimmung dessen, was Kunst ist, ist aktuell mal wieder in Frage gestellt. Die literaturwissenschaftliche Untersuchung von sog. Gebrauchstexten wie Reportage, Todesannonce, Werbespruch oder Gebrauchsanweisung sowie die Ausweitung des Literatur- und Gattungsbegriffs stoßen zum Teil aber immer noch auf Unverständnis – und das nicht nur bei Laien.
Beide Extreme – die egalitäre Bestrebung, alles Schriftliche und Zeichenhafte als ‚Literatur’, jedes menschliche Verhalten, jede ‚Produktion’ als potentielle Kunst zu betrachten sowie der Versuch, den Literatur- und Kunstbegriff auf etablierte Formen wie Roman oder Gemälde zu beschränken, zeigt deutlich, wie sehr Menschen dazu neigen, die Realität im Allgemeinen und Literatur und Kunst im Besonderen in Kategorien und Klassen einordnen zu wollen.
Problematisch daran ist nun die Frage nach der Art der Klassifizierung, deren Antworten sich zwischen der Position, dass Gattungen natürlichen, quasi angeborenen Wesenszügen von Wirklichkeit und Werk entsprechen, und der Position aufspannen, Gattungen seien eine rein willkürlich Einteilung und Erfindung des Menschen.[4]
Dieser Komplex verdeutlicht sich u.a. an der Schwierigkeit des Literatur-wissenschaftlers und Kunsttheoretikers, Mischformen[5] ‚zwischen’ den Gattungen und Kunstarten (wie etwa den Film zwischen Theater und Foto) in bestehenden Gattungsarten unterzubringen.
Dies führt normalerweise dazu, dass die bestehenden Gattungsschubladen um neue erweitert und im Extremfall für die entsprechenden „Misch“-Werke neue er- und gefunden werden. Seltener wird die Position vertreten, dass der Widerstand bestimmter Werke, sich überhaupt einordnen zu lassen, auf die Existenz gattungsfreier Bereiche schließen lassen könnte.
Film und Fernsehen als multimediale Kunstwerke stellen diesbezüglich ein vorzügliches Untersuchungsbeispiel dar.
Ich habe hierbei die TV-Serie „Die Simpsons“ ausgewählt und mich speziell auf die kurzen Sprüche in der Eingangssequenz der jeweiligen Folgen konzentriert, da diese im Folgenden „Tafelsprüche“ genannten Texte sich einer schnellen Gattungszuordnung widersetzen, was meiner Ansicht nach nur zu einem geringen Teil ihrem multimedialen Charakter geschuldet ist und eher durch zu ‚enge Gattungsschubladen‘ verursacht wird.
Ich möchte für diese Texte eine Gattungsbestimmung vornehmen und - wenn nötig - gegebenenfalls eine neue Gattung deklarieren.
Dabei werde ich den Begriff der Textsorte mit der Kategorie Paratext verbinden, indem ich gezielt den Ort und die Funktion des jeweiligen Werkes als ein Kriterium der Textsortenbestimmung mit einbeziehen werde.
Bezüglich der Verwendung der Begriffe ‚Gattung‘ und ‚Textsorte‘ möchte ich anmerken, dass ich sie im Gegensatz zur gängigen Unterscheidung von literarischem Werk (Gattung) und nichtliterarischem Text (Textsorte) für diese Hausarbeit synonym verwenden und dabei aufgrund der geringeren Alltagsgewöhnung dem Begriff „Textsorte“ dem Vorzug geben werde.
[1] 2006 ernannte die Library of Congress in Washington Computerspiele zu einem „bedeutsamen Kulturgut“ und stellte eine Liste der ‚bedeutendsten Videospiele aller Zeiten’ zusammen (s. u.a. Herbert Rosenstingl: Kulturgut Computerspiel. In: Medienimpulse. Nr. 65, September 2008, S. 34). Seit 2008 ist der Verband der Computerspielentwickler (GAME) in den Deutschen Kulturrat e.V. aufgenommen (neben der Zunft der Spieleautoren, s. Zeit online vom 14.08.2008) und Computerspielentwickler werden als Künstler wahrgenommen (etwa im Interview mit dem Gamer-Magazin Gee äußerte sich der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, über die ästhetischen Qualitäten von Spiel-Software).
[2] Die Serie „Buffy - im Bann der Dämonen“ ist u.a. Grundlage der sog. Buffy studies an immer mehr Universitäten in den USA.
[3] Etwa der Cannes Lions International Advertising Festival jährlich in Cannes 1954.
[4] Die Diskussion, ob Gattungen ontologisch, anthropologisch, evolutionär, psychologisch, soziologisch etc. hergeleitet werden können, soll allerdings hier unberücksichtigt bleiben, ich gehe für die Zeit meiner Hausarbeit pragmatisch vom Ist-Zustand aus: Es gibt Texte, die von einer Mehrheit von Laien und Experten wie selbstverständlich einer Gattung zugeordnet werden.
Tafelspruch als Textsorte
Auszug
6 Versuch einer Textsortenbestimmung
(...)
6.2. Textsortenbestimmung: Tafelgag und Tafelspruch
(...)
6.4. Die neue Art
6. 4.1. Definition
Als Definition der Tafelsprüche schlage ich folgende Merkmalskombination vor:
Ein Text gehört dann und nur dann der Textsorte Tafelspruch an,
wenn er sowohl aus einem Satz besteht, der nicht als vollständig definiert sein muss, einen paradoxen, humoristischen oder satirischen Inhalt hat, als auch eindeutig
Form und Struktur einer schriftlichen Strafarbeit aufweist, ohne das die Absicht des Schreibenden die Erfüllung einer Strafarbeit wäre.
Die Form der Strafarbeit muss dabei wenigstens eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
1) Der Text ist wahlweise als ‚Ich werde (nicht)“-, „Ich will (nicht)“-,
„Ich darf (nicht)“-Satz konzipiert (‚Strafarbeitengrammatik‘) und /
oder
2) er ist im Kontext einer Wandtafel, im Rahmen von Erziehungsmaßnahmen im Bereich der Schule, der Familie, des Berufs angesiedelt. Zusätzlich kann ein direkter Bezug auf die Tafelsprüche der Serie „Die Simpsons“ vorgenommen werden.
Der Tafelspruch kann zu einem Tafelgag ergänzt werden durch typographische oder bildhafte Elemente.
(..)
Vollständiges Kapitel siehe Download
weiteres zum Thema:
1) weitere Ein-Satz-Prosa
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Schlecht: als Prostituierte
Hässlich: Deine Mitarbeiter sind Ihre Kunden
Superhässlich: Sie verdient mehr als Du.
2) empfehlenswerte Literatur und Links
- Die Simpsons und die Philosophie: Schlauer werden mit der berühmtesten Fernsehfamilie der Welt. von William Irwin, Mark T. Conrad, Aeon J. Skoble (HG.) . derzeit 6. Auflage 2007. ISBN 3932170970
- Subversion zur Prime-Time. Die Simpsons und die Mythen der Gesellschaft. von Michael Gruteser, Thomas Klein, Andreas Rauscher. derzeit 2. Auflage 2010.ISBN 389472336X
- Einfache Formen: Legende, Sage, Mythe, Rätsel, Spruch, Kasus, Memorabile, Märchen, Witz. von André Jolles. derzeit 8. Auflage (ursprl. 1930, immer noch ein Klassiker der Erzähl- und Gattungstheorie). ISBN 3484221151 .
Links
Nature of Gameplay. A Videogame-Classification.
http://www.gameclassification.com/files/articles/%5Bcybergames07%5D_nature_of_gameplay.pdf
von Damien Djaouti u.a.
siehe auch
http:///www.gameclassification.com